Sonntag, 15. Februar 2004

Arme in Mexico - wollen sie aus der Armut heraus?

Ich stelle die These auf, dass die Armen (die Mehrheit) in Mexico trotz ihrer finanziellen Situation zufrieden sind mit ihrem Status und gar nicht gut gebildet und finanziell bessergestellt sein wollen.

Warum?

1. Viele, die wenig Geld haben, halten sich an das Sprichwort: "Pobre, pero honesto.", das wie ein Lebensmotto gilt;

2. der "Glücksein-Faktor", der in Mexico immer erstaunlich hoch ist;

3. die oftmals standhafte Weigerung, aktiv etwas zur Verbesserung ihrer Situation zu tun.


Dabei scheint es einen Unterschied zwischen Stadt und Land zu geben: wer die "Segnungen" der "Zivilisation" nicht kennt (die tollsten Autos, die exquisitesten Klamotten, die beste medizinische Versorgung), der verlangt nicht danach.
Wenn ich schon immer 10 km laufen mußte, um zur Schule zu kommen, dann interessiert mich ein Schulbus gar nicht; wenn es immer nur agua de horchata gab, ist mir Fanta oder Bier egal (weil unbekannt) - außer, da kommt jemand von auswärts und redet mir ein, dass man so etwas braucht (und mir nebenher Cola verkauft oder genmanipuliertes Saatgut "schenkt"). Richtig schlimm wird's mit dem Fernsehen: da sieht man alles und alles will man haben (fragt mal Ex-DDRler, wie's ihnen mit dem "West-Fernsehen" ging).
(Hier wäre evtl. eine zweite Diskussion notwendig: hilft oder schadet Entwicklungshilfe den Geholfenen?)

Beispiel: mein Chef war vor ein paar Wochen mit einem Bekannten (gebürtig aus der Ecke) in Chiapas auf Reisen. Bei einem Besuch bei Familien-Angehörigen des Bekannten in einer ärmlichen Hütte auf dem Lande (fern jeglicher "Zivilisation") saßen dort auch zwei junge Mädchen (fernsehguckend). Im Laufe der Gespräche bot mein Chef an, das ältere der beiden Mädchen (12) könne bei seinen Eltern (ehrenwerte, gläubige Leute; ich kenne sie persönlich und verbürge mich für ihre Rechtschaffenheit) in der Nähe des D.F. unterkommen, um dort in die Schule zu gehen und evtl. später zu studieren.
Das Angebot wurde rundweg abgelehnt. Warum? Man wolle die Familie nicht verlassen. Anstatt ihre Kinder aufzumuntern, damit sie Chancen auf bessere Bildung und damit auf einen besseren Lebensstandard haben, wird ihnen von Eltern und anderen Familienangehörigen das zeitweise Verlassen der Familie als Untreue eingeredet und zum Vorwurf gemacht.

Es gibt ein Sprichwort, mit dem ich zwar nur bedingt einverstanden bin, aber es muß wohl etwas Wahrheit darin stecken: "Los pobres son pobres por algo."
Das schließt auch gesellschaftliche Schmarotzer mit ein. Vor allem diese Spezies verlangt immer nach staatlicher Unterstützung, weil sie nicht arbeiten wollen, sondern von ihrer Familie/dem Staat durchgebracht werden wollen. (Ich unterlasse hier den Hinweis auf Gruppen, die z. Zt. Reforma blockieren und offensichtlich nichts anderes zu tun haben.)

Oft wird beklagt, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Woran das wohl liegt? Ich glaube, daran, dass die Reichen aktiv etwas zur Reichtumsvermehrung tun (wenn auch oftmals über ihre Angestellten), während die Armen oft genug nur die Hand aufhalten und verlangen, dass man sie mit allem notwendigen versorgt.

Wer will (und kann) "zivilisiert" (sic! icon_wink.gif) diskutieren?