Dienstag, 15. November 2005

Vicente Fox gegen Hugo Chávez

Dass sowohl Mexico als auch Venezuela mittlerweile ihre jeweiligen Botschafter abgezogen haben, dürfte die Mehrzahl schon wissen, aber warum... - das ist hier die Frage. Ich versuche, die Geschehnisse (im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten (und mit Hilfe von ALT1040)) objektiv zusammenzufassen:

    8.11.2005: Auf der Cumbre de las Américas (Versammlungs-Gipfel aller Länder des amerikanischen Kontinents) in Mar del Plata, Argentinien sagte Fox angesichts einer Anti-Freihandels-Demo (mit Anti-US-touch), auf der Diego Maradona zusammen mit Venezuelas Präsident Hugo Chávez auftrat:
    "Wir nehmen die Idee des Freihandels weder als Späßchen auf noch tragen wir sie auf öffentliche Plätze, um dort Beifall einzuheimsen."

    10.11.2005: Nachdem er nach dem Gipfel nach Venezuela zurückgekehrt war, sagte Chávez (unter anderem):
    "Die Aushändigung von Präsident Fox ist traurig, wirklich traurig [...] Wie traurig, dass ein Präsident eines Volkes wie das mexicanische ein Hündchen des nordamerikanischen Imperiums ist [...] Mir tut es sehr leid, dass das mutige mexicanische Volk einen Präsidenten hat, der vor dem nordamerikanischen Imperium niederkniet und die traurige Rolle spielt, die er auf dem Gipfel hatte und danach diejenigen angreift, die wir die Freiheit unseres Volkes verteidigen."

    Am gleichen Tag weist die mexicanische Regierung die Anschuldigungen zurück und versucht (so steht es in verschiedenen mex. Medien und der mex. Außenminister Derbez erklärt dies mehrfach in TV-Interviews), die Angelegeneheit auf dem diplomatischen Wege zu lösen. Laut Aussagen des mex. Außenministeriums ist die venezolanische Regierung mit dem Lösungsvorschlag einverstanden.

    13.11.2005: In seiner wöchentlichen TV-Sendung "¡Aló, presidente!" kritisiert Venezuelas Präsident Chávez den mex. Präsidenten scharf und erzählt unter anderem eine Geschichte, die mit folgendem Satz endet (und sich klar an Fox richtet):
    "Legen Sie sich nicht mit mir an, mein Herr, denn sie werden schwer gestochen herauskommen." (den zweiten Teil des Satzes wiederholt er demonstrativ)

    14.11.2005: Die mexicanische Regierung fordert eine Entschuldigung von Präsident Chávez vor Mitternacht; im gegenteiligen Falle werde der mex. Botschafter aus Venezuela abgezogen und dem venezolanischen Botschafter in Mexico die Akkreditation entzogen. Beide Botschafter ziehen ab.

Soweit so gut. Bleibt die Frage, warum es so weit kommen mußte.

Es gibt Vermutungen, dass Chávez den Konflikt bewußt geschürt und weiterernährt hat, um sich bei den Mercosur-Ländern (eine Organisation, die den Freihandel lediglich in Südamerika vorantreiben will) anzubiedern. Andere sagen, er wolle López Hablador unter die Arme greifen. Ich weiß aber nicht mehr, und weil ich da kaum ein Experte bin, kann und will ich mich nicht dazu äußern, wer wann was und wie vorhat.

Bleibt vielleicht zu erwähnen, dass in vaterländischer Art (Vorsicht, Sarkasmus!) alle Vor-, Haupt- und Nach-Präsidentschafts-Kandidaten sich zu Fox bekannt haben (auch López Hablador - oh, welch ein Wunder!) und einstimmig die Ehre des mex. Volkes und die ihres Präsidenten verteidigt haben. Ein Hoch auf den Opportunismus.

6 Kommentare:

Anonymous Anonym schrieb...

Der Sachverhalt ist tatsächlich etwass kompliziert, wie es scheint. Selbst in der Sendung "Primer Plano" ist man mit den Kommentaren uneins auseinandergangen.
Dort wurden nebenbei einige zusätzliche Sachverhalte aufgelistet, die zum Verständnis der Ausfälle Chavez beigetragen haben. Entschuldigen tut das seine verbalen Ausfälle nicht. Aber unschuldig sind beide Parteien nicht.
Mir gefiel die Schlussfolgerung von Kommentator Lorenzo Meyer. Er meinte - unter Protest der anderen Kommentatoren -, dass dies den Status der Bananenrepublik beider Staaten untermauert. :)
Eine Abwesenheit diplomatischen Gespürs kann man jedenfalls beiden Seiten durchaus attestieren.

(Für Interessierte: Primer Plano kann man sich nochmal anschauen unter oncetv-ipn.net)

15. November 2005 um 16:56  
Blogger rolandmex schrieb...

Ich habe Lorenzo Meyer gestern morgen bei Víctor Trujillo (El Cristál con que se mira) gesehen, als er sein Buch El Estado en busca del ciudadano vorstellte.
Seine Äußerungen waren sehr interessant und ich werde mir das Buch wohl zulegen (auf der FIL übernächste Woche).

15. November 2005 um 17:22  
Anonymous Anonym schrieb...

Ich habe deinen Ratschlag, mich genauer mit diesem Thema zu befassen befolgt......und komme zu dem selben Schluss: Fox ist nun wirklich ein totaler Heuler. Es wird Zeit das ein linker Präsident diesen Sauladen mal etwas durcheinander bringt. Genug von PRI und PAN. Soweit mein Kommentar zum Thema.....ach ja vor 150 Jahren hätten die Amis in dieser Situation einfach ein Kanonenboot losgeschickt, und es wäre Ruhe gewesen. Das geh nu nicht mehr. Das Volk weiss wie es wählen muss um diesen Spuck ein Ende zu bereiten...und wenn Lopez nicht vorher "einen Unfall hat" oder wie Colossio von einem "einzelenen Attentäter" erschossen wird, wird er es wohl werden. Also warm anziehen, Leute. Mexico rückt etwas nach Links.

15. November 2005 um 19:42  
Anonymous Anonym schrieb...

Wobei dahingestellt bleibt, ob das wirklich das ist, was das Land braucht.

16. November 2005 um 10:09  
Blogger rolandmex schrieb...

Ich habe starke Zweifel daran, dass der ebenfalls Polit-Amateur López Hablador der Heilsbringer Mexicos sein wird (außer er schmeißt die Kriegsmaschinerie an und sucht Lebensraum im Norden ;) ) und keine außenpolitischen Faux-Pas begeht. Bisher war er jedenfalls nicht sehr diplomatisch.
AMLH ist übrigens so "links" wie ein Linksabbieger-Pfeil - und der steht auf der rechten Straßenseite.

Blindes Vertrauen in einen offenbar von extrem korrupten Partei-Kollegen umgebenen Nach-dem-Maul-Redner hilft leider nicht viel und läßt mich folgern, dass Pepsi-Trinker wahrscheinlich nicht klüger als Coca-Cola-Trinker sind (oder irre ich mich?).
Muß wohl am Zucker liegen (siehe hier). ;)

P.S. Zum Thema Siegessicherheit für einen Präsidentschafts-Kandidaten erinnere ich an den 2.7.2000: da schallte es vor dem Ángel aus tausend Kehlen: "¡Sí se puede!" So manch ein Labastida (Name austauschbar) hat sich schon mal vertan.

16. November 2005 um 10:52  
Anonymous Anonym schrieb...

Dazu in TP:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21370/1.html

20. November 2005 um 14:09  

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