Mittwoch, 1. August 2007

Regen-Chaos

Geschlagene vier Stunden brauchte ich gestern abend, um von der Arbeit nach Hause zu kommen.

Als ich in Indios Verdes aus der Metro stieg, waren die Gänge vollgestopft mit Menschen; einige versuchten gegen den Strom wieder in die Metro-Station zu kommen und riefen irgendwas von "Es gibt keine Busse!".
In der Menschen-Menge gab's auch welche, die auf einmal riefen: "Una porra pa' el Peje" und einige gaben dazu den passenden (beleidigenden) Pfeifton ab. Andere meinten, die PRD würde viel reden, es aber auch nicht besser machen als die anderen Parteien.
Was der Mann oder die Partei mit dem Chaos zu tun haben sollte, verstand und verstehe ich aber nicht; Hauptsache jemandem die Schuld gegeben...
(Seltsam fand ich, dass ich niemanden über Calderón lästern hörte)

Als ich es endlich ins Freie geschafft hatte, sah ich erst, was passiert war. Offenbar gab es einen stillstehenden Verkehrs-Stau in Richtung Ecatepec, was wegen der rush hour zu einem riesigen Rückstau führte und weswegen der "Bus-Nachschub" nicht ankam. Wie üblich, wurde einem nicht gesagt, was los war, und man irrte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend, um nach Alternativen zu suchen, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, welche das sein könnte(n).
Keine Busse also in dieser Ecke und keiner konnte (oder wollte) mir sagen, warum. Weil es noch leicht regnete, nahm ich an, dass es damit zu tun hatte.

Ich überlegte und machte mich zu Fuß Richtung Metro 18 de Marzo auf, um von dort nach Martín Carrera zu fahren und zu sehen, ob von dort Busse fuhren. Falls nicht, machte ich mich bereit, ins Büro zurückzukehren und dort zu übernachten.

Auf dem Weg traf ich Ecke Insurgentes/Montevideo einen Polizisten, den ich fragte, ob er wüßte, was los sei. "Da wird gebaut und es wurde die Straße gesperrt", sagte er mir. Ich dachte mir meinen Teil über die wunderbare Organisation der Bauarbeiten, die just zur Verkehrs-Stoßzeit auf die Idee kam, die Straße zu sperren...

Meine Frau hatte ich schon vorher versucht zu erreichen; als ich endlich durchkam (das Netz war überlastet; kein Wunder, wenn alle Welt in Indios Verdes gleichzeitig versucht anzurufen), nahm sie nicht ab, weil ihr Handy (mal wieder) im untersten Winkel ihrer Handtasche vergraben war und sie es nicht hörte. Grrr!

Ich kam in Martín Carrera an, um auch dort viele Leute und kaum Busse vorzufinden. Mittlerweile waren es 23:00 Uhr, eine Uhrzeit, um die ich mich normalerweise nicht in dieser Gegend herumtreibe ("leicht" gefährlich).
Ich fragte einen der Bus-Einweiser, ob er wüßte, was denn da los sei, dass es keine Busse gäbe. "Vor der Costeña-Fabrik steht das Wasser so hoch, dass keiner durchkommt", meinte er nur. Das schien mir wahrscheinlicher als die Info, die der Poli erfunden mir der Polizist gegeben hatte.

Ich wollte gerade umdrehen, als ein Bus der Linie ankam, die auch an "meiner" Haltestelle an der Autobahn anhält. Ich ergatterte einen Sitzplatz und dachte nur: "Jetzt ist mir schnurz, um wieviel Uhr ich ankomme. Hier kann ich pennen."
Um 0:30 Uhr kam ich zu Hause an.

Heute morgen sehe ich in der Zeitung, was der Grund des Chaos' war: Sube el agua 1.30 m por lluvia, ayer en Ecatepec

Und es soll weiterhin so bleiben: Continuarán las lluvias en Valle de México

Wie gesagt: der Lago de Texcoco fordert sein Gebiet zurück... - Zeit sich einen Job nördlich des Sees zu suchen...

Foto: El Universal

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4 Kommentare:

Blogger Hollito schrieb...

"Geschlagene vier Stunden brauchte ich gestern abend, um von der Arbeit nach Hause zu kommen."

Tja, es hat eben auch Vorteile, in der deutschen Provinz zu wohnen:
Ich brauche mit dem Auto 10 Minuten, auch wenns Katzen hagelt. ;-) Über das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel hier in der Gegend hülle ich aber lieber mal Schweigen, darum fahre ich die kurze Strecke ja auch mit dem Auto... :-|
In 4 Stunden könnte ich allerdings bequem und ohne Eile zum Büro und wieder zurück laufen... :-)

1. August 2007 um 17:37  
Blogger rolandmex schrieb...

In Deutschland ging's mir noch besser als Dir: ich wohnte in der Stadt (Karlsruhe) und fuhr jeden (Arbeits-) Tag auf's Land (nach Kandel in der Pfalz).
Das war gegen den Strom, und jeden Morgen und jeden Abend hatte ich "Lichterkette" auf der anderen Autobahn-Seite... :-)

Nachteil: Drei-Könige war (ist?) in Rheinland-Pfalz kein Feiertag; in BaWü schon - ich "durfte" also als einziger in meinem Wohnblock an diesem Tag früh aufstehen und zur Arbeit fahren. :-(

Naja, und über den ÖPNV in der Gegend rede ich besser nicht... (das war 1995-97; heute soll das viel besser sein)

1. August 2007 um 19:32  
Blogger Peter schrieb...

Bottleneck-Syndrome

Mexiko Stadt befindet sich in einer absurden Situation.

Wasserknappheit einerseits, Ueberschwemmungen andererseits.

Wenige wollen hier wohnen, aber viele muessen hier arbeiten.

Die enormen Pendlerstroeme brechen bei der kleinsten Behinderung zusammen. Der ÖPNV hat keine Umlandanbindung, der Individualverkehr (ein Individuum pro Auto) kollabiert mit schoener Regelmaessigkeit (Morgens, Mittags und Abends).
Ich bin in 20 min auf dem Zocalo, in 25 min in Coyacan, Chapultepec Park schaffe ich in 9 min, zum Angel sind es 15 min, das alles mit ...dem Fahrrad. Als starker Raucher werde ich sowieso an Krebs sterben da mache ich mir um Feinstaub, Ozon und Kohlenmonoxid keine Sorgen mehr und geniesse die (meist) ruhigen Schleichwege.
Kommentar meiner Mittinsassen:Du spinnst ja eh!

1. August 2007 um 22:16  
Blogger rolandmex schrieb...

"Wenige wollen hier wohnen, aber viele muessen hier arbeiten."

Das stimmt so doch gar nicht. Wären die Immobilienpreise nicht 4x (!) höher als dort, wo ich meine Behausung habe, würde ich bestimmt wieder im Moloch wohnen - allein schon wegen des weiten Wegs zur Arbeit.

So bin ich halt gezwungen, in einem Haus (keine Wohnung im x-ten Stock) mit zwei eigenen Parkplätzen (und keine Box, wo der Nachbar immer vor mir parkt und mich beim Rein- und Rausfahren stört) in einem ruhigen, verkehrsgünstig gelegenen fraccionamiento am Rande der Stadt zu wohnen, von wo ich herzzerreißende Sonnenaufgänge beobachten kann, und dessen Wert demnächst durch den Bau des Flughafens Tizayuca wieder steigt.

;-)

2. August 2007 um 16:02  

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