Montag, 31. August 2009

Wahrnehmungs-Unterschiede

Heute morgen kam ich sehr verspätet zur Arbeit. Der Verkehr staute sich schon weit vor dem sonst üblichen Konflikt-Punkt und es ging nur im Schritt-Tempo voran.
Ich schrieb gleich eine SMS an die Verantwortliche des Kunden und entschuldigte mich für mein voraussichtliches Zu-Spät-Kommen. Dabei gab ich meinen momentanen Aufenthaltsort an, der gut 10 Kilometer vor der Metro-Station Indios Verdes lag.

Als die Zeit verstrich und es weiterhin kaum voran ging, begannen verschiedene der Passagiere im Bus ihre Firmen anzurufen und zu erklären, dass es viel Verkehr gäbe. Ausnahmslos alle (= 7 Personen) berichteten, sie seien "an der Einfahrt [der Stadt] bei Indios Verdes" ("en la entrada por Indios Verdes"). Tatsächlich standen wir aber nur gut 200 Meter weiter als bei meiner SMS (also immer noch 10 km vor Indios Verdes), was die meisten auch wußten, da tägliche Pendler.

Es wurde wohl deswegen nicht die "ganze Wahrheit" gesagt, weil sich der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung mächtig ärgern würde, da er den Verdacht hätte, der Im-Stau-Steckende wäre zu spät von zuhause weg gefahren (eine alltägliche Begebenheit in diesem Land). Deshalb wird (fast schon unterbewußt) "etwas geflunkert".
Das Ironische dabei ist, dass der Belogene das genau weiß; einfach, weil es "üblich" ist und jeder sich seinen Teil denkt.

Wenn man also eine Verabredung hat (ob privat oder geschäftlich) und der Gesprächspartner einige Minuten (nicht mehr als 10) vorher anruft (oder SMSt), dass er "etwas" später komme (beides eher der Ausnahmefall; meist kommt man einfach zu spät), weil er im Verkehr stecke und dabei angibt wie lange es noch dauert bis zu seiner Ankunft, kann man diese Zeit getrost mit 2, 3 oder 4 multiplizieren, um die wahre Verspätung einschätzen zu können und zu entscheiden, ob man so lange warten will oder nicht.

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