Freitag, 24. August 2007

Unerwünscht

Erschienen in der Tageszeitung Reforma von heute (Freitag, 24. August 2007), Sektion Opinión, Serie Jaque Mate, Seite 14 (ich übersetze):
Unerwünscht
Sergio Sarmiento

"Ausländer sein ist keine Krankheit." - Alden Nowlan

Es ist ein Land, das offen die Rechte der Ausländer bricht. Aber, um es anzuklagen, sollte man zuerst ihre Politik kennen.

Es handelt sich um ein Land, das eine Strategie der offenen Jagd und Feindschaft den Einwanderern, legal oder illegal, gegenüber unterhält. Seine Regierung hat eine Behörde eingerichtet, deren Hauptfunktion es ist, den Aufenthalt der Ausländer zu regeln und überwachen und, im Falle einer Unregelmäßigkeit, sie auszuweisen.
Die nicht-dokumentierten Ausländer, die von der Spezial-Polizei dieser Behörde entdeckt werden, werden wie gemeine Verbrecher behandelt. Sie werden in Haft-Zentren eingesperrt, die nichts weiter sind als getarnte Gefängnisse. Sie bekommen keinen Pflicht-Verteidiger zugeteilt. In Wahrheit haben sie, den lokalen Gesetzen zufolge, keinerlei Rechte.

Obwohl die Regierung dieser Nation die Wiener Konvention über Konsular-Rechte ratifiziert hat, werden im allgemeinen diese Ausländer deportiert, ohne dass ihr Konsulat darüber informiert wird. Ein Artikel der Verfassung erlaubt offen, dass die Regierung jedweden Ausländer einfach so ohne Gerichtsverfahren ausweisen kann, auch wenn er sich legal im Land aufhält.

Ständig organisiert die Immigrations-Polizei Razzien an Orten, wo illegale Ausländer vermutet werden. Eine Person kann verhaftet werden wegen so einfacher Dinge wie Hautfarbe oder Sprach-Akzent. Sogar die Inländer müssen sich ausweisen. Jemand, der von dieser Spezial-Polizei verhaftet wird und die Papiere, die beweisen, dass er Staatsbürger oder legaler Ausländer ist, nicht dabei hat, wird eingesperrt, bis er seinen legalen Aufenthalt nachweisen kann oder ausgewiesen wird.

Legalen Aufenthalt erreichen heißt aber noch lange nicht, die Diskriminations-Praktiken verhindern zu können. Die obengenannte Verfassung legt fest, dass die Staatsbürger den Ausländern vorgezogen werden bei jeglichen Geschäfts-Konzessionen und allen Arbeitsplätzen, Posten und Komissionen der Regierung. Ein Ausländer darf weder beim Militär, noch bei Polizei oder staatlichen Sicherheitskräften dienen. Er darf auch nicht Kapitän, Pilot, Geschäftsbesitzer [patrón], Maschinist oder Teil einer Schiffs- oder Flugzeug-Besatzung sein.

Das Gesetz legt Höchst-Quoten fest, wieviele Ausländer in einer Firma arbeiten dürfen. Die Firmen sind verpflichtet, den legalen Aufenthalt oder die Nationalität ihrer Angestellten zu überprüfen. Banken müssen auch die Staatsbürgerschaft oder den legalen Aufenthalt ihrer Kunden ergründen. Ein Ausländer kann keine Fahrerlaubnis erhalten, wenn er nicht nachweisen kann, dass er Staatsbürger ist oder sich legal im Land befindet. Identitäts-Konsular-Dokumente, die von ausländischen Behörden ausgestellt werden können, sind zum Erhalt der Fahrerlaubnis nicht gültig.

Der ausländischen Ehefrau eines Staatsbürgers wird nicht erlaubt im Land zu arbeiten. Die öffentlichen Schulen bieten keine zweisprachigen Kurse an für die Kinder von Ausländern. Jede Konversation mit den Behörden muß in der offiziellen Landessprache stattfinden. Die Behörden bieten weder für Verfahren oder Anträge Übersetzer an, noch stellen sie sicher, dass es zweisprachige Hinweise im öffentlichen Nahverkehr oder in behördlichen Gebäuden gibt.

Ausländern ist es verboten, wichtige öffentliche Ämter zu übernehmen. Auch wenn sie die Nationalität des Landes annehmen, werden ihnen viele öffentliche Ämter verwehrt.
Selbst einem im Land geborener Staatsbürger ist es verboten, Präsident zu werden, wenn einer seiner beiden Eltern Ausländer ist.

Es wird Ausländern nicht nur nicht erlaubt, öffentliche Ämter auszuüben, sondern es ist ihnen verboten, sich in irgendeiner Weise in die internen politischen Angelegenheiten des Landes einzumischen. An einer Demonstration teilzunehmen oder eine politische Meinung äußern, egal welche, kann zur sofortigen Ausweisung führen, selbst mit legalem Aufenthalts-Status. Die Regierung braucht nichr einmal die Gründe zu erläutern. Ein Ausländer, der z.B. seine Gegnerschaft zum Bau eines Gebäudes in seiner Nachbarschaft zum Ausdruck bringt, kann ausgewiesen werden.

Die Grundbesitz-Rechte der Ausländer sind eingeschränkt. Ihnen, und nur ihnen, ist es verboten, Besitzer von Häusern, Wohnungen, Büros oder Ladenlokalen zu sein, die nahe der Staatgrenze oder der Küste liegen. Ausländer dürfen auch nicht in Anteile bestimmter Firmen investieren oder Besitzer oder Anteilseigner von Fahrzeugen des öffentlichen Transports oder von Tankstellen sein.

Es handelt sich um ein Land, dass offen den Immigranten-Strom ablehnt, das einen minimalen Ausländer-Anteil in seiner Bevölkerung hat und Menschen immer noch als Ausländer ansieht, obwohl sie bereits seit Generationen in diesem Land leben.

Nein, es handelt sich nicht um die USA, Deutschland oder Südafrika. Das Land, das auf diese Weise die Rechte seiner Immigranten verletzt heißt Mexiko. Und das schlimmste an all' dem ist, dass wir Mexikaner uns über die Einwanderungs-Gesetze der USA beklagen, die viel liberaler sind als unsere eigenen.

(Original-Wortlaut hier)

(Dank an den diablopanzon für den Hinweis)

Labels: , , ,

2 Kommentare:

Blogger Hollito schrieb...

Jepp, wenn ich vergleiche, wie einfach es für Ixhel war, nach unserer Heirat einen Job anzunehmen (Heirat=Visum mit Arbeitsberechtigung, zur Zeit läuft das Einbürgerungsverfahren), und dann daran denke, welche Hampelei ich mit der pinche migra auszufechten hätte, wären wir in MX, kann ich mich auch nur wundern.

Ich wundere mich aber auch über das Gejaule der deutschen Gutmenschen, die am liebsten jeden Kameltreiber ohne Ausbildung (Entschuldigung dafür) nach D einladen würden und sich über die "Einwanderungs-Hürden" beklagen. Verglichen mit MX ist das Kinderkram...

Mal abgesehen von der (selbst bei freundlicher Betrachtung) miserablen Bezahlung in MX ist die ganze migra Geschichte einer der Gründe, warum ich nicht unbedingt Lust auf MX habe...
Bei jedem Besuch in MX bekomme ich zwar immer wieder zu hören, daß MX Fachleute für die Abfallentsorgung dringend braucht - aber mit den derzeitigen Hürden verspüre ich wenig Lust, mir das ganze anzutun...

25. August 2007 um 16:17  
Anonymous Anonym schrieb...

Mal ehrlich, bis zum Arbeitserlaubnis für ausländische Ehegatten von mexikanischen Staatsbürgern, kannst du mir bitte sagen, was für ein Unterschied hier in Deutschland gibt, wenn man von den Rechten der Ausländern spricht? Typisch Deutsch immer über den Nachbarn meckern und lästern und dabei vergessen im eigenen Haus zuerst ein Blick zu werfen. Du kannst sagen, was du willst, aber in Deutschland bekommst du auch gar nicht, wenn du nicht "legal" bist. Und ich gebe dir gerne den gleichen Satz, dass man hier in Deutschland als Ausländern zu hören kriegt: "Wenn es dir nicht gefällt, packt deine Sachen und kehrt in deine perfekte, mackellose Heimat zurück"

20. April 2008 um 10:56  

Kommentar veröffentlichen

<< Home