Montag, 2. Juli 2007

Televisa und TV-Kinderprogramme

Samstag abend hatten wir eine reunión mit ein paar (Ex-) Studienkollegen meiner Frau.
Einer arbeitet als verantwortlicher Designer für Once Niños des Canal Once (für mich das einzige brauchbare Kinderprogramm).

Im Gespräch kamen wir auch auf die Sendung mit der Maus, die er kennt und die er, zusammen mit einem japanischen Programm, für mit das Beste hält, was es für Kinder gibt (jeden Montag trifft sich die gesamte Kinder-Redaktion, um Programme anderer Länder anzuschauen und zu diskutieren). Er erzählte auch, dass der Canal Once als halbstaatlicher Sender natürlich ein begrenztes Budget hat und daher viele ausländische Programme gar nicht kaufen kann - ganz im Gegenteil zu Televisa.

Ein paar Wochen vor dem Film-Festival in Cannes gibt es wohl ein Festival von Fernsehprogrammen am gleichen Ort. Televisa hat dafür eine spezielle "Vorgehensweise" entwickelt: sie besuchen das Festival und kaufen alles, was auch nur entfernt gut sein könnte. In Mexico verschwindet es dann in der Schublade und wird nie gezeigt.

Für die anderen bleiben nur die Krümel übrig, und anstatt der Sendung mit der Maus ist man gezwungen, die Dauerwerbesendung eines lächerlich-infantilen alten Knackers namens Chabelo anzugucken (aber man kann den Fernseher ja auch ausgeschaltet lassen).

So vermeidet man Konkurrenz. Und jetzt wissen wir auch mehr, warum es (fast) nur Scheiß Schrott im mexicanischen Fernsehen gibt.

Übrigens lächelte der daneben sitzende andere Studienkollege, der bei Televisa Deportes beschäftigt ist, nur milde... ;-)

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10 Kommentare:

Blogger Andreas Bohn schrieb...

Oh ja, das Fernsehprogramm. Wir haben im Moment ja nur das per Antenne empfangbare "Basisprogramm" (und wirklich vermissen tu ich den Rest nicht, dafür haben wir gar keine Zeit). Was mich dabei am meisten nervt, ist die Selbstverständlichkeit, mit der Webung ins reguläre Programm eingebunden wird. Da läuft eine Wissenssendung (einen Kommentar über deren Niveau erspare ich mir), der Moderator bringt das Thema auf die Kakao-Bohne, schmeisst ein paar billige Fakten darüber in den Raum (die Azteken benutzten sie schon, die Spanier haben sie nach Europa gebracht, nichts wirklich Unbekanntes) um sich dann ein Eis reinzuziehen, natürlich nicht ohne dreimal die Marke genannt und es als so ziemlich die beste Erfindung seit der krümellosen Brotsuppe gepriesen zu haben.

Für mich kein Thema, der Mist lief sowieso nur nebenher und wer auf so was billiges reinfällt, ist selbst schuld, aber beim erwähnten Chabelo läuft das genauso (ich hab' das mal mit so einem komischen Plastikfahrzeug gesehen), und da ist die Zielgruppe doch noch sehr viel empfänglicher für die Schleichwerbung.

Wie ich Evelyn gesagt habe, wie unmöglich ich das finde, meinte die nur, irgendwie müssen die die Show ja finanzieren, immerhin bezahlen wir hier keine GEZ.

Unrecht hat sie nicht, aber trotzdem könnte man Programm und Werbung beser trennen. Ich bin jetzt schon gespannt auf ihre Reaktion, wenn ich Citlali das Kulturereignis Chabelo vorzuenthalten versuche. Vielleicht hab' ich ja Glück und der dankt ab, bevor das aktuell wird.

2. Juli 2007 um 12:58  
Blogger rolandmex schrieb...

Meinst Du mit "abdanken" "den Löffel abgeben"? Der geht nur, wenn man ihn auf der Bahre (nicht: Trage) aus dem Studio bringt.
Schau' also mal, ob Du nicht Zugang zu seinem camerino bekommen und ihm da sonntäglich ein paar Körnchen Arsen ins Wasser kippen kannst... ;-)

"(...) wer auf so was billiges reinfällt, ist selbst schuld (...)"

Ich denke, das ist eine zweischneidige Sache: wenn man (in der Kindheit) nicht gelernt hat, diesen äußeren Einflüsse zu widerstehen (sprich: nicht mündig ist), ist es sehr schwer eigenständige Entscheidungen zu treffen. So entstehen blöde Werbesendungen und Politiker-Kampagnen mit "Der ist gefährlich für Mexico" und "Ich verspreche Euch den Himmel auf Erden, Lohnerhöhung und billiges Benzin".

Ich finde, die GEZ hat nichts mit der Qualität des Programms und den Werbepausen zu tun. Wenn der Gesetzgeber auch nur ein wenig mehr Mut hätte, könnte man das -so wie in Deutschland- sehr gut regeln - z.B. pro Stunde Programm darf nur 15 Minuten Werbung sein, in Werbeblöcken von weniger als 5 Minuten und dazwischen muß mindestens 20 Minuten ununterbrochen die Sendung laufen.
Wenn der Gesetzgeber aber jahrzehntelang pennt und sich die Schmiergelder in die eigene Taschen steckt, muß man ein "wenig" Angst haben vor Televisa, den narcos, den taxi pirata-Organisationen (um ein paar Beispiele zu nennen), die man hat schalten und walten lassen und die jetzt jeder für sich mächtiger sind als cámara de diputados, cámara de senadores, der Polizei-Apparat, die Justiz und Felipillo's Regierung zusammen.

Den Chabelo-Konflikt wird wohl jedes deutsch-mexicanische Paar haben; unsere Partner sind mit dem Humbug aufgewachsen. Und wenn ich ehrlich bin, würde ich meinen Kindern auch Wickie, Biene Maya und die Väter der Klamotte empfehlen anstatt Dragonball Z.

2. Juli 2007 um 14:39  
Blogger Peter schrieb...

Und das gleiche noch einmal: Wie gut, dass ich KEINEN Fernseher habe!

2. Juli 2007 um 22:05  
Blogger Peter schrieb...

Unrecht hat sie nicht, aber trotzdem könnte man Programm und Werbung beser trennen.

Die Werbung ist ja das Programm!

2. Juli 2007 um 22:06  
Anonymous Anonym schrieb...

Hallo Roland,
bin eigentlich eine stille Leserin bei Dir, aber bei dem Thema melde ich mich gerne mal zu Wort!

Vorab: ich mag Mexico und seine Menschen (bin auch eine hälfte eines Deutsch-Mexikanischen-Paares), aber das TV-Programm in Mexico ist definitv unterstes Niveau.
Gebe aber auch zu, dass mein Spanisch nicht perfekt ist!
Und über Chabelo braucht man sich eigentlich nicht den Kopf zu zerbrechen: der gehört abgesetzt, mit Steinen beworfen, in den Kerker etc.
Ich würde mich sowas von schämen, wenn ich mich so präsentieren würde (wie Du so schön schreibst: ein alter Knacker, mit einer infantilen Sprache).
Mein Mann übrigens haßt Chabelo fast noch mehr wie ich! Und auch er findet das mex. TV-Programm nicht gerade berauschend.

Ich entschuldige mich jetzt mal schon im Vorfeld: wenn ich so etwas wie Chabelo im TV sehe, zweifle ich ganz stark an der durchschnittlichen Intelligenz des mexikanischen Fernseh-Zuschauers...(da er ja wohl gute Einschaltquozen hat!?)

Andreas: dir wünsche ich, dass deine kleine Tochter sich den nicht mehr antun muß. Wie wäre es denn mit Kinder-DVDs aus Deutschland?

Na, einen Vorteil hat das Programm ja: wenn wir (1x im Jahr) in Mexico sind, bleibt der Fernseh eigentlich fast die ganze Zeit über aus.
Grüße
Kerstin

3. Juli 2007 um 07:17  
Blogger Andreas Bohn schrieb...

Wie wäre es denn mit Kinder-DVDs aus Deutschland?

Naja, eigentlich darf man die ja gar nicht aus der EU ausführen. ;-)

Nein, das hält mich natürlich nicht davon ab, es trotzdem zu tun. Im Moment versuche ich zwar eher ein paar Bücher zu bekommen, damit ich ihr etwas auf Deutsch vorlesen kann aber irgendwann werden die Großeltern dann wohl auch ein paar DVDs schicken müssen.

3. Juli 2007 um 10:41  
Blogger Andreas Bohn schrieb...

Meinst Du mit "abdanken" "den Löffel abgeben"?

Nein eigentlich nur, sich aus dem Kinder-Werbungs-Geschäft zurückziehen. Hat er glaube ich, auch schonmal angekündigt, das löste dann aber ein kollektives Entsetzen aus, als ob der Papst aus der Kirche austreten wolle. Der kann von mir aus 180 Jahre alt werden, wenn er mich in Ruhe lässt aber wahrscheinlich werden sie ihn tatsächlich auf der Bahre aus dem Studio tragen müssen.

Ich finde, die GEZ hat nichts mit der Qualität des Programms und den Werbepausen zu tun.

Nicht direkt, indirekt stehen die Sender natürlich etwas weniger unter finanziellem Druck, aber das kann man natürlich auch anders regeln.

Wenn ich z.B. hier Kabel habe, zahle ich nicht nur für das Kabel als Infrastruktur (wie in D) sondern der Kabelbetreiber bezahlt einen Teil meiner Kohle an die Sender, deshalb machen die weniger Werbung. Natürlich bezahle ich auch mehr im Monat als in D, aber die Sender verzichten dafür auf diese billige Schleichwerbung.

Das System gefällt mir übrigens wesentlich besser, als die GEZ, hier kann ich nämlich wählen, ob ich den Service in Anspruch nehmen möchte oder nicht, in D ist die GEZ-Gebühr ja mittlerweile nicht mehr weit von einer Kopfsteuer entfernt, nur dass eine solche, gleich vom Finanzamt eingezogen, wahrscheinlich viel billiger wäre.

3. Juli 2007 um 11:03  
Blogger rolandmex schrieb...

"Wie wäre es denn mit Kinder-DVDs aus Deutschland?"

Naja, eigentlich darf man die ja gar nicht aus der EU ausführen. ;-)


Irgendwer... -wer war es nur? Ich glaube el primo de un amigo ;-) - hat mir vor Kurzem mal was von einer Sache namens Torrent erzählt.
Er (el primo de un amigo; nicht ich!) ließ mir mitteilen, dass er auf diese Art und Weise letztens den Film Deutschland - ein Sommermärchen gesehen habe...

;-)

3. Juli 2007 um 11:12  
Blogger Hollito schrieb...

"immerhin bezahlen wir hier keine GEZ"

Seid froh. Wenn man sich überlegt, wieviel Geld man dieser mehr als zweifelhaften Organisation in den Rachen werfen muss, kriegt man einen mordmässigen Hals, wenn dann am Samstagabend "Der fröhliche Mutantenstadl mit Carmen (Um)Nebel(t) und den Original Hinterfotzigkeiten" oder eine grausame TV-Schmonzette mit den ewig gleichen Schauspielern und den ewig gleichen, dünnen und dämlichen Handlungen läuft.
Für so eine Schei..e bezahlt man gezwungenermassen viel Geld. Zugegeben, die Dokus und Reiseberichte, die in den ÖR laufen, sind meistens sehr gut. Aber ansonsten ist das Programm eine Katastrophe. Und - obwohl es teuer bezahlt wird - auch noch mit Werbung vollgepflastert ("Diese Sendung wird ihnen präsentiert von...")
Auch in D haben sich die ÖR verselbstständigt, weil Kontrolle fehlt, und werden immer gieriger (Stichwort PC-Gebühr), und es ist niemand da, der sie aufhält, weil ja die Herren Politiker dort im Zweifelsfall noch ein Pöstchen bis zur Rente bekommen können... :-(

Zum Thema Kindersendungen wie "Die Maus" etc. aus D, soll es auch Leute geben, die eine digitale Sat-Karte im PC eingebaut haben (und vor kurzem erst eine 300GB Platte nur für Videoaufnahmen) und natürlich auch einen DVD Brenner und demnach ganz einfach... *hüstel*. Das sollte man dann vielleicht mal per Email weiterführen. ;-)

Chabelo...ja, als ich den zum ersten Mal in MX im TV gesehen habe, dachte ich die ersten Minuten, daß wäre eine Satire...als das dann immer weiter ging, fragte ich Ixhel, warum sich da ein alter Mann mit kurzen Hosen und verstellter Stimme lächerlich macht. Und Ixhel erklärte mir dann, daß der Opa in kurzen Buchsen eine Art Institution in MX ist.
Und ich erklärte Ixhel, daß der mann anderswo schon längst eine schicke weiße jacke (mit den Ärmeln auf dem Rücken verknotet) tragen würde... :-)

Ich gebe Kerstin recht, das TV Programm in MX ist auch m.M. nach qualitativ irgendwo bei RTL2 bzw. SuperRTL und tiefer anzusiedeln...

5. Juli 2007 um 10:02  
Blogger rolandmex schrieb...

"(...) das TV Programm in MX ist auch m.M. nach qualitativ irgendwo bei RTL2 bzw. SuperRTL und tiefer anzusiedeln..."

Wobei ich nach einem "Vorfall" nicht mehr so sicher bin, ob es die Bevölkerung nicht so will (im Gegensatz dazu, dass sie absichtlich verblödet wird und sich nicht wehren kann).

Vor einigen Wochen wurde ein Programm namens Metrópolis (oder so) auf 4TV (ein Televisa-Sender für Mexico City) abgesetzt, weil es nicht genug "Quote" hatte. Der eigentliche Grund wurde aber bekanntgegeben: die Sendung war -so wörtlich- "ihrer Zeit voraus".
Im Klartext: intelligenter als die (Mehrzahl der) DF-Bewohner ertragen können/wollen.

Sie wurde ausschließlich von Frauen moderiert und hatte ein verhältnismäßig gutes Niveau. Schade ums Programm und die Bildung der chilangos.

5. Juli 2007 um 11:39  

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