In unserem "Legohaus"-
fraccionamiento leben wir in einer durch ein Tor geschlossenen
privada - also eine "Privatstraße"; ab dem Tor beginnt ein Privatgrundstück. Jeder einzelne ist rechtmäßiger Besitzer seines Hauses und der dazugehörigen zwei Parkplätze davor; alles andere (die Zufahrtsstraße, der Gehweg, die Rasenflächen und Grünanlagen) sind der
ley de condominios entsprechend Besitz aller.
Natürlich wollen die Grünflächen bewässert werden, und obwohl jedes Haus einen Wasserhahn an der Frontseite hat, gefällt es besonders den Nachbarn in unmittelbarer Nähe großer Flächen nicht, wenn bei ihnen Wasser abgezapft wird und sie alleine die Kosten dafür tragen sollen.
Die Lösung: ein separater Hahn mit Wasseruhr.
Also zog unsere
Privada-Gemeinschafts-Vorsitzende los zum "Wasseramt" (sowas wie die Stadtwerke, die hier direkt der
municipio-Regierung unterstellt, nominell aber "unabhängig" und "dezentralisiert" sind). Die Antwort auf unsere Petition:
"Gibt's nich'. Ham' wir nich'. Machen wir nich'."Selbst ein persönliches Gespräch mit dem obersten Chef des "Wasseramtes" (dafür muß man Tage vorher einen Termin ausmachen, der nur gewährt wird, wenn man die Sekretärin von der Dringlichkeit der Anfrage überzeugen imstande und sie nicht gerade schlecht gelaunt ist) hatte kein uns zufriedenstellendes Ergebnis.
Der Grund: in den bürokratischen Verordnungen unseres
municipio ist ein solcher Fall nicht vorgesehen - und was nicht beschrieben ist, existiert nicht. Keine Verordnung = keine Beantwortung der Frage.
Aufgrund des abschlägigen Bescheides und weil eine Lösung her mußte, beschloß letzten Sonntag die
Privada-Gemeinschaft auf unserer monatlichen Versammlung einstimmig, die offizielle Wasserleitung vor dem Zähler des Nachbarn anzuzapfen, eine separate Leitung abzuzweigen und einen zusätzlichen Wasserhahn für die Grünflächenbewässerung anzubringen.
___
Das ist nur ein Beispiel, aber wer in Mexico etwas "richtig" machen will, bekommt sehr oft unnötige bürokratische Steine in den Weg gelegt; sei es wie in diesem Fall ein einfacher Wasseranschluß, sei es bei Kontratierung eines Stromanschlusses oder -und das ist schlimm, weil mit enormem Steuerausfall verbunden- bei Gründung einer Firma.
Da die Leute eine Lösung brauchen (schließlich kann man nicht Tage auf dem Amt vertrödeln, wenn man Geld verdienen will/muß) und nicht noch mehr Probleme, sorgen sie für ihre Bedürfnisse selbst und unbürokratisch. Wir z.B. klauen das Wasser für die Grünflächen, andere bringen
diablitos (illegale Abnehmer) an den oberirdischen Stromleitungen an (erst gestern sah ich in den Nachrichten, dass in Metepec (EdoMex.) 50% der Einwohner die abenteuerlichsten Konstrukte gebaut haben, um an Strom zu kommen), wieder andere tun nur das nötigste, um ihrer Firma den Anschein von Legalität zu geben (die Dame der
comida corrida a domicilio ist gar nicht registriert:
"Zu aufwendig, zu bürokratisch. Warum soll ich anstehen, wenn mir sowieso nur Geld abgenommen werden wird und ich keinen Nutzen daraus habe, weil es in irgendwelchen dunklen Kanälen verschwindet?").
"Quién no tranza, no avanza." - unter diesen Umständen, und wenn man diesen Spruch als das Gegenteil von
"Quién quiere ser honesto se queda atrapado en la burocrácia y sin solución a sus problemas." sieht, dann hat er durchaus seine Daseins-Berechtigung, auch wenn dieses Verhalten eigentlich asozial ist.
Integrieren wir uns! *ggg*
Labels: auswandern, behörden, kultur, politisches, sitten + gebräuche