Am 29. Januar 2006, als
Pajarito über die Absperrungen sprang,
hat man in dem im TV gesendeten Video den Präsidenten der
Asociación de Scouts de México, A.C. (ASMAC), einen Herrn namens
Emilio Goicochea Luna,
wiedererkannt, der dort mit seinem
PAN-Parteikumpel Diego Fernández de Ceballos offenbar ein paar nette, entspannende Stunden zu verbringen gedachte.
Das war vor ein paar Wochen unter aufmerksamen Pfadfindern ein Gesprächsthema: was macht der Präsident der
ASMAC auf einer offensichtlich tierfeindlichen Veranstaltung, wenn es heißt, die Pfadfinder seien Freund der Tiere*?
Um den größeren Zusammenhang zu verstehen, sollte man vielleicht ein wenig in der jüngeren Geschichte der
ASMAC wühlen: seit einigen Jahren wird die
ASMAC von Politikern unterwandert und mehr und mehr für deren Zwecke mißbraucht.
Viele Leute in hohen Stellungen innerhalb des Verbands sind ranghohe Politiker - u.a. Emilio Goicochea, der
Secretario Particular von Präsident Fox ist, und verschiedene
asociados (das sind diejenigen Mitglieder, die auf ihrer jährlichen
asamblea die Entscheidungen der
ASMAC treffen).
Es besteht der Verdacht, dass die allermeisten dieser Politiker nicht vom Pfadfindertum überzeugt sind und andere Ziele verfolgen. Warum? Nur die allerwenigsten haben ihre eigenen Kinder in der Pfadfinder-Bewegung angemeldet.
Außerdem wird gemunkelt, dass die vorgesehene Farb-Änderung des Kluft-Hemdes (bisher: Wölflinge (
lobatos/gacelas): gelb; Jungpfadfinder (
scouts)/Pfadfinder (
expedicionarios): grün; Rover (
rover/precursoras)) zu einem hellen blau einen parteipolitischen Hintergrund haben soll (ich persönlich halte das aber für etwas weit hergeholt).
Nun ist seit Anfang 2006 ein neues
reglamento in Kraft. Dieses schafft viele der von Gründer Baden-Powell vorgegebenen Prinzipien einfach ab und verändert das Pfadfindertum in Mexico dermaßen, dass man in Zukunft wohl eher von einem "Camping-Club" sprechen wird.
Ich bin seit Oktober 2004 Stammesvorsitzender des
ASMAC-Stammes
Grupo 11 - Leones Villa del Real in der
provincia Gustavo A. Madero (GAM) (
provincia = Bezirk in Deutschland's
DPSG); die
provincia GAM ist seit Jahren die größte Provinz in Mexico (40 Stämme; mehr als 2.000 registrierte Mitglieder (= etwa 10% von ganz Mexico). Die Provinz ist erfolgreich in der Anwendung des
programa scout, das jetzt durch das bisher nur rudimentär erarbeitete
programa de jóvenes ersetzt wurde (siehe Änderung des
reglamento oben).
Konkret: letzten Samstag gab es eine Krisensitzung der Stammesvorsitzenden der
provincia GAM. Ergebnis einer nachher einberufenen "inoffiziellen" Versammlung der "Inkonformen": etwa 22 bis 25 Stämme der
GAM werden sich abspalten und eine neue
asociación gründen, um weiterhin das
programa scout ausführen zu können, das bei guter Leiter-Arbeit gute Ergebnisse garantiert, aber seit der Einführung des neuen
reglamento verboten ist. Mit ihnen werden zwischen 1.200 und 1.500
muchachos (etwa 7% der Mitglieder) die
ASMAC verlassen - und es ist durchaus möglich, dass sich, wenn sie davon erfahren, einige tausend Pfadfinder mehr sich anschließen werden.
Mein Stamm, der im Januar in einer Sitzung der Leiterrunde einstimmig beschlossen hat, das
programa Scout weiterhin anzuwenden, wird mit dabei sein. Schließlich bin ich als Stammesvorsitzender nur
"primus inter pares" und habe Beschlüsse der Leiterrunde auszuführen, auch wenn sie mich in die
Bredouille bringen können.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich werde mich aller Voraussicht nach nach der Abspaltung und der Gründung des neuen Verbandes und der (hoffentlich erfolgreichen) Überführung meines Stammes in die neue
asociación aus dem aktiven Pfadfindertum in Mexico zurückziehen, auch wenn viele meiner
hermanos scouts mich davon abbringen wollen.
Warum? Der berühmt-berüchtigte
treintaytres läßt grüßen, und die Tatsache, dass in der
ASMAC einflußreiche Politiker sitzen, macht mir da doch ein wenig Angst. Schließlich ist die geplante Neugründung eine "tätliche Einmischung in interne politische Vorgänge des Landes" (oder kann leicht so gedeutet werden).
Fazit: sich als Ausländer sozial engagieren wird in Mexico bestraft, weil schon die Verfassung nicht demokratisch ist. So bleibt mir wahrscheinlich nichts anderes übrig, als die Vorgänge von außen zu betrachten und mir meinen Teil zu denken (und/oder zu schreiben).
Ich finde es sehr frustrierend, dass mir die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben versauert wird, und ich als aktives Mitglied der Gesellschaft offenbar nicht erwünscht bin (und mit mir jedweder Ausländer) - schon der Verfassung wegen.
Letztens sagte ich zu meiner Frau (Mexicanerin), dass ich der mexicanischen Gesellschaft nichts schulde, weil ich für alles, das ich empfangen habe, zur Kasse gebeten wurde und werde, und sie war damit überhaupt nicht einverstanden.
Nach den Vorgängen in der
ASMAC fühle ich mich aber bestätigt.
Wie heißt's so schön:
"Por eso México es como es."Wie wahr. Leider. :-(
* Artikel 6 der mex.
"ley scout" (Pfadfinder-Gesetz):
El Scout ve en la naturaleza la obra de Dios, protege a los animales y plantas. ("Der Pfadfinder sieht in der Natur das Werk Gottes, beschützt Tiere und Pflanzen")